Militärischer Widerstand
In Österreich – aufgegangen im Deutschen Reich – wurde 1938 bis 1945 gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime vielfältiger Widerstand geübt. Besonders heftig war dieser Widerstand an der steirischen Eisenstraße. In den Bergen des Hochschwabs, der Eisenerzer Alpen, des Steirischen Randgebirges und des Gesäuses wurde er auch militärisch geführt. Zu diesem Partisanenwiderstand stießen auch Deserteure der deutschen Wehrmacht. Die Weigerung, sich einem – nicht zuletzt gegen die Interessen Österreichs gerichteten – verbrecherischen Angriffskriegs zu entziehen, ist ebenfalls eine Form des Widerstands.
Die Partisanengruppe Leoben-Donawitz, die als Österreichische Freiheitsfront (ÖFF) unter der Führung von Sepp Filz, Johann Krenn, Max Muchitsch und Anton Wagner auftrat, führte Sabotageaktionen gegen die kriegswirtschaftliche Infrastruktur der Nationalsozialisten – vor allem Sprengungen von Gleisanlagen – durch, um den Krieg zu verkürzen. Sie sah sich als Teil der alliierten Armeen und leistete einen wesentlichen Beitrag für die Wiedererrichtung eines unabhängigen und demokratischen Österreichs. Einen solchen Beitrag hatten auch die alliierten Mächte in der Moskauer Deklaration von 1943 eingefordert.
Sepp Filz (1906 –1994)
Netzwerk
Der militärische Widerstand wäre aber ohne enges Netzwerk von SympathisantInnen und UnterstützerInnen, die den Partisanen Unterschlupf und Verpflegung boten, nicht möglich gewesen. Dieser „Bodenorganisation“ gehörten Menschen unterschiedlicher politischer Weltanschauung an, ArbeiterInnen ebenso wie KleinunternehmerInnen, Bauern oder KeuschlerInnen. Selbst eine Adelige in der Hohen Rötz bei Vordernberg war Teil dieses Netzwerkes. Während die Partisanen in den Bergen sich bei Gefahr zurückziehen konnten, waren die unterstützenden Menschen in ihren Häusern und Wohnungen gänzlich dem Zugriff des Nazi-Regimes ausgesetzt. Im Sommer 1944 setzte eine Verhaftungswelle ein. Etwa 500 widerstandsbereite Menschen der Region, darunter viele Frauen, wurden verhaftet, gefoltert, in Konzentrationslager verschleppt oder hingerichtet.
Elisabeth Edlinger (1894–1973), führendes Mitglied der Bodenorganisation, vor ihrer Flaschenschenke. Ihr Ehemann Klement kam im KZ Mauthausen ums Leben.
Der Bunker im Kollmannstock
Der Winter 1944/45 stellte den Widerstand vor extreme Herausforderungen. Ein Teil der Partisanen versteckte sich bei SympathisantInnen im Tal, ein anderer überwinterte in den Bergen. Schon im Herbst war eine Höhle im Kollmannstock zu einem halbwegs bewohnbaren Winterquartier mit Feuerstelle und primitiven Betten ausgebaut worden. Vorräte wurden angelegt.
Ende November entdeckte ein regimetreuer Jäger aus der Seeau einen verdächtigen Fußabdruck im Schnee und das Versteck. Er verständigte die Behörden. In der Morgenfrühe des 1. Dezember 1944 rückte die Eisenerzer SS-Schutzpolizei schwer bewaffnet an. Es kam zu einem heftigen Feuergefecht. Der Partisanenführer Sepp Filz („Josch“) wurde schwer verletzt. Er konnte aber mit dem – aufgrund einer Kriegsverletzung einarmigen – Max Muchitsch („Ferdl“) auf abenteuerliche Weise durch den meterhohen Schnee entkommen.
Partisanen-Bunker im Kollmannstock über der Seeau/Eisenerz mit Gedenktafel für Heinrich Kohnhauser
Heinrich Kohnhauser
Heinrich Kohnhauser mit dem konspirativen Partisanennamen „Heina“, ein Keuschlersohn aus Tragöß-Unterort, war nach seinem Heimaturlaub nicht mehr an die Front zurückgekehrt und hatte sich den Partisanen angeschlossen. Im Kampf um den Bunker wurde er an der Ferse verletzt. Obwohl er sich ergeben hatte und entwaffnet worden war, schoss ihm ein Schutzpolizist der Reserve, ein Gastwirt in Eisenerz, in die Brust. Heina verstarb auf seinem Abtransport ins Tal.
Heinrich Kohnhauser / Bildquelle: Bildarchiv DÖW
Vaterlandsverräter?
Der Fall Kohnhauser wirft ein bedenkliches Licht auf den Umgang Österreichs mit den Widerstandskämpfern in der Nachkriegszeit, die gegen Nazi-Deutschland und damit auch für Österreichs Wiedergeburt gekämpft hatten.
Während sich das offizielle Österreich gegenüber den Alliierten auf Eigenleistungen zur Befreiung vom Naziterror bezog, insbesondere um den Staatsvertrag zu erreichen, wurden im Land selbst jene Menschen, die tatsächlich Widerstand geleistet hatten, als „Vaterlandsverräter“ denunziert und TäterInnen vielfach straffreigestellt. Das strafgerichtliche Verfahren gegen den Todesschützen von Kohnhauser wegen Mordes wurde trotz drückender, ja eindeutiger Beweislage eingestellt.
Als 1951 die Witwe Maria Kohnhauser für sich und ihre drei Kinder um Opferrente ansuchte, wurde diese verweigert. Heinrich Kohnhauser habe sich nicht für ein freies und demokratisches Österreich eingesetzt, vielmehr sei ihm eine „nicht auf politische Gründe zurückzuführende Dienstabwesenheit eines Wehrmachtsangehörigen vorzuwerfen“. Als Kronzeuge im Ermittlungsverfahren fungierte ausgerechnet jener Jäger und fanatische Nationalsozialist, der die Partisanen verraten hatte.
Regionaler Überblick des Partisanenwiderstandes
Werner Anzenberger
Heimo Halbrainer
Wini Hofer
Impressum
Die Arbeitsgemeinschaft der Opferverbände
• Bund sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktive AntifaschistInnen (Werner Anzenberger)
• KZ-Verband – Landesverband Steiermark der österreichischen AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus (Heimo Halbrainer)
• ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich (Wolfgang Schwarz)
Die Stadtgemeinde Eisenerz (Christine Holzweber)