Schon unmittelbar nach Kriegsende am 8.Mai 1945 wurde bei den DPs der Wunsch nach einer Kirche laut. Die russischen Besatzer standen dem recht wohlwollend gegenüber und so war es möglich, nachdem die Direktion der Böhlerwerke den Grund zur Verfügung gestellt hatte, eine Baracke für Gottesdienste zu benützen.
Diese Notkirche bestand ursprünglich aus 5 ineinander verbauten Baracken. Diese mussten zuerst von Unrat und Kot befreit werden. Als nach Abzug der Russen gemäß den Vereinbarungen von Jalta die Briten das Lager übernahmen, wurde nur noch eine Baracke als Notkirche zur Verfügung gestellt.
Ing. Hans Madernach leitete den Ausbau dieser Notkirche und wurde dabei auch von vielen Arbeitern des Böhlerwerkes unterstützt. Überhaupt muss hier angemerkt werden, dass sich die Böhlerwerke stets sehr hilfreich hinter pastorale Aufgaben im Lager gestellt haben.
Die Kosten für den Bau beliefen sich auf 6 07178 Reichsmark. Diese wurden von der Stadtpfarre St.Oswald übernommen. Nun gaben die Briten weitere zwei weitere Räume frei.
In Schirmitz, wo es noch keine Kirche gab, wurde der Gottesdienst im Speisesaal des Lagers gefeiert.
1947 kam es zu einem aufsehenerregenden Konflikt: Die Briten nutzten die Räume der Kirche für Tanz-und Musikveranstaltungen, welche sehr oft bis 3 Uhr früh dauerten. Gemeinsam mit anderen Personen wollte der britische Lagerkommandant die Kirche überhaupt schließen und den Bereich zu einem Unterhaltungskomplex umbauen. Die Beschwerden des Pfarrers dazu wurden abgeschmettert.
Im Zuge der Kinderlähmungsepidemie 1947 wurde die Kirche geschlossen und ein Betretungsverbot erlassen. Pfarrer List weigerte sich jedoch, die Kirche zu verlassen, weil nur so der Schutz des Allerheilgsten gegeben sei. Er würde nur dem Wunsch des Bischofs Folge leisten. Daraufhin erließen die Briten einen Haftbefehl gegen Pfarrer List. Die Verhaftung sollte von zwei Gendarmeriebeamten aus Kapfenberg vorgenommen werden.
Um die Situation aber nicht zu sehr eskalieren zu lassen, wurde der Haftbefehl auf Initiative des Bezirkshauptmannes Kopetzky und des Sicherheitsdirektors der Stmk, Kolb aufgehoben.
Um die Kirche herum wurde jedoch ein dreifacher Stacheldrahtzaun gezogen, wodurch die Kirche „wie in Sibirien“ (List) wirkte.
Bis September 1947 blieb die Kirche geschlossen, Musik und Tanz gab es aber weiterhin in unmittelbarer Nachbarschaft.
Diese „Nervenprobe“ sollte sich bis in das nächste Jahr hinein erstrecken.
Weil die Kirche nur auf Piloten stand und die Gottesdienste stets gut besucht waren, sprach Pfarrer List sogar von einer „lebensgefährlichen Situation“ .
1948 kam man überein, sich an Kardinal Bernard Griffin in London zu wenden und zu hoffen, dass es ihm gelänge, die inzwischen unzumutbar gewordenen Zustände abstellen zu lassen. Er sollte bei den britischen Truppen in Österreich intervenieren. Britische Militärkaplane unterstützten die Kapfenberger Bestrebungen, jedoch aber erfolglos.
Am 23.Juni 1948 musste auf britischen Befehl hin der Kirchenumbau eingestellt werden. Major Wilson erklärte die Kirche als requiriert und sich selbst als Befehlshaber.
Eine Sitzung aller Verantwortlichen führte am 28.Juni 1948 zu einer Vereinbarung, nach der die Kirche weitergebaut werden durfte und die Tanzmusik eingestellt werden musste.
So war es dann möglich, dass die umgebaute Notkirche am 12.Dezember 1948 durch den Weihbischof der Diözese Graz-Seckau Pietsch eingeweiht werden konnte.
Text: Mag. Harald Trummer