von Heribert Macher-Kroisenbrunner
In Europa formierten sich unmittelbar nach dem Ende der Kriegshandlungen Aufbruchs- und Rückkehrbewegungen unterschiedlicher Migranten- und Flüchtlingsgruppen. Das befreite und besetzte Österreich gehörte aufgrund der geografischen Lage und der desolaten wirtschaftlichen Situation zu den am stärksten betroffenen Regionen. Im Mai 1945 befanden sich rund 1,6 Millionen Nichtösterreicher*innen, darunter in etwa eine Million „fremdsprachige Flüchtlinge“ auf österreichischem Boden.
Die alliierten Mächte prägten für diese gestrandeten, geflüchteten oder verschleppten Menschen den Begriff „Displaced Persons“. In der britischen Besatzungszone wurden darunter alle nichtösterreichischen Männer und Frauen, die entweder zwangsweise oder freiwillig im Land gearbeitet haben oder aus politischen oder rassistischen Gründen inhaftiert waren, sowie alle ehemaligen Militärangehörigen, die nicht mehr den Status von Kriegsgefangenen hatten, subsummiert. In Österreich bestand die sehr heterogene Gruppe der DPs aus: jüdischen Überlebenden des Holocaust; ehemaligen Zwangsarbeiter*innen; Zivilpersonen, die vor dem Krieg geflohen waren oder aus den befreiten Ländern vertrieben wurden, bis hin zu Nazi-Kollaborateuren aus verschiedenen ost- und südosteuropäischen Staaten.
Pogrome in den unmittelbaren Nachkriegsjahren, Gewaltausbrüche und ethnische Säuberungen brachten neue Flüchtlingswellen in ein Land, das noch immer in vier verschiedene Besatzungszonen aufgeteilt war. Obwohl die Mehrheit dieser Menschen sich selbst versorgen konnte und in Privatunterkünften lebten, mussten, zumindest zeitweise, hunderttausende DPs in den zahlreichen Lager-Komplexen betreut werden. Diese Lager befanden sich in den drei westlichen Besatzungszonen und waren über das ganze Land verteilt. In der britischen Zone Österreichs wurden ab Mai 1945 mehrere dieser DP-Lager eingerichtet. So lebten allein in der Steiermark Ende 1945 knapp 17.000 DPs in über einem Dutzend verschiedener DP-Lager. Der Raum Kapfenberg mit mehreren Barackenlagern und an die 5.000 DPs war hier ein Zentrum der Flüchtlingsbetreuung.
Die überwiegende Mehrheit der DPs verließ Österreich innerhalb der ersten zwei Jahre nach Kriegsende. Sie kehrten in ihre ehemaligen Heimatländer zurück oder konnten mithilfe internationaler Organisationen in andere Länder, zumeist nach Übersee emigrieren. Österreich wurde in dieser Hinsicht vor allem als Zwischenstation zwischen den Herkunfts- und Zielländern der DPs verstanden, was zwar für viele DPs und Flüchtlinge zutreffen mag, eine nicht unerhebliche Zahl ist jedoch in Österreich geblieben und hat sich dauerhaft niedergelassen. Aufgrund der selektiven DP-Politik Österreichs, die deutschsprachigen Flüchtlinge bevorzugte, bestand die Mehrheit aus ethnischen Deutschen aus den an Österreich angrenzenden Regionen. Diese verbleibende Gruppe ehemaliger DPs, von denen die überwiegende Mehrheit zu diesem Zeitpunkt bereits die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hatte, machte 1961 fünf Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Weiterführende Literatur: